Projektrisikomanagement

Projektrisikomanagement

Wie bleibt man trotz bestehender Unsicherheiten im Projekt von bösen Überraschungen verschont und wie stellt man auch bei gegebenen Zeit- und Kostenrisiken sicher, dass alle Projektergebnisse plangemäß erreicht werden? – Das gibt es in der Realität leider nicht, doch man kann recht weit an dieses Niveau herankommen. Die Lösung heißt Projektrisikomanagement.

Projekterfolge absichern

Es geht darum, es nicht einfach dem Zufall zu überlassen, ob ein Projekt erfolgreich abgeschlossen werden kann oder nicht, sondern systematisch darauf hinzuwirken. Verschiedene Statistiken, mit denen im Nachhinein Projekte bewertet werden, zeigen regelmäßig unerwünschte Aspekten, wie z. B. zeitlichen Verschiebungen oder Kostenexplosionen. Nicht selten werden die Projektergebnis nicht oder nicht vollständig erreicht. Untersuchungen zeigen weiterhin, dass unerwartete Ereignisse während der Projektlaufzeit, ungeeignete Ausgangsbedingungen, eine schlechte Vorbereitung, falsche Einschätzungen von Markt, Wettbewerb, Technologie oder Ressourcenbedarf sowie zu hohe Erwartungen ursächlich für Projektfehlschläge ist.

Die meisten dieser Probleme lassen sich durch eine konsequente Anwendung von Projektrisikomanagement vermeiden. Die große Stärke liegt darin, durch den systematischen und vorausschauenden Ansatz im Projekt Probleme und Risiken frühzeitig zu erkennen und auf Basis bereits vorbereiteter Maßnahmen geschickt zu reagieren.

Projektrisikomanagement nach PMBOK vom PMI

Die Methode ist keinesfalls nur ein Instrument für den Projektleiter. In gleicher Weise werden auch die Interessen des Auftraggebers oder des von ihm eingesetzten Lenkungsausschusses berücksichtigt und auch Investoren und andere Stakeholder finden darin Entscheidungsgrundlagen und projektbegleitende Informationen.

Unterschiedliche Anforderungen von unterschiedlichen Interessengruppen im Projekt

Die Prozesse des Projektrisikomanagements

Der PMBOK® Guide (Guide to the Project Management Body of Knowledge vom Project Management Institute PMI) ist ein wesentlicher Standard und nennt die folgenden sechs Prozesse, die kurz umrissen werden. Für weitergehende Fragen liefert der PMBOK® Guide nützliche Details.

1. Risikomanagement planen

Zunächst werden Risikobegriffe und Schwellwerte, Verantwortungen und Befugnissen der Beteiligten, die eingesetzten Werkzeugen, der Kommunikationsplan u. a. festgelegt.

2. Risiken identifizieren

Die Identifikation der Risiken ist der nächste Schritt, der nicht nur zu Projektbeginn durchgeführt, sondern regelmäßig überprüft und ggf. ergänzt wird. Als Hilfsmittel eignet sich ein Risikoregister zur Systematisierung und Dokumentation. Risiken werden benannt, ggf. beschrieben und zu Risikobereichen gruppiert.

Prinzipdarstellung des Risikoregisters

3. Risiken qualitativ analysieren

Die identifizierten Risiken werden anschließend hinsichtlich des drohenden Schadens und der Häufigkeit bzw. Eintrittswahrscheinlichkeit klassifiziert. Grundsätzlich ergibt sich bei der Bewertung das Problem der Objektivität, deshalb sind entsprechende Techniken bei der Bewertung hilfreich. Eine besondere Bedeutung haben bei der qualitativen Bewertung die Einschätzungen von Experten. Zur Visualisierung der Risikosituation lässt sich die Risikomatrix gut einsetzen, bei der es um grobe Schadens- und Häufigkeitskategorien und nicht um konkrete Werte geht.

Prinzipdarstellung der Risikomatrix

4. Quantitative Risikoanalyse durchführen

Die quantitative Risikoanalyse beschäftigt sich mit der zahlenmäßigen Wahrscheinlichkeit des Eintretens der Risiken und der Konsequenzen auf die Projektergebnisse. Diese Analysen stützen sich auf statistische Methoden, festgelegte oder geforderte Sicherheitsniveaus und Risikotoleranzen, Zuverlässigkeiten von Systemen sowie auf Simulationsverfahren.

5. Risikobewältigung planen

Die Risikobewältigung ist das eigentliche Kernstück im Projektrisikomanagement und so umfangreich, dass er in separaten Beiträgen behandelt wird. Doch sei hier bereits auf die vier wesentlichen Risikostrategien hingewiesen, nach denen ein Risiko prinzipiell vermieden, transferiert, verringert oder akzeptiert werden kann.

6. Risiken überwachen und steuern

Während der Projektlaufzeit müssen Risiken und Restrisiken überwacht, neue Risiken identifiziert, die rechtzeitige Ausführung der Risikobewältigungsmaßnahmen sichergestellt und deren Effektivität bewertet werden. Dieser Prozess macht die Notwendig für eine permanente Überwachung der Risikosituation deutlich und lässt auch erkennen, dass der gesamte Kreislauf iterativ über die gesamte Projektlaufzeit durchlaufen werden muss.

Pro Projektrisikomanagement

Die Vorteile von Projektrisikomanagement liegen klar auf der Hand.

  • Jedes Projekt ist einzigartig und birgt daher schon Risiken, über die es sich nachzudenken lohnt. 
  • Beim Projektrisikomanagement handelt es sich um einen systematischen Ansatz, der Transparenz über Risiken und die Risikoexposition herbeiführt und zu einer Vereinheitlichung der Risikobewertung beiträgt.
  • Das rechtzeitige Erkennen von sich abzeichnenden unerwünschten Entwicklungen auf Basis geeigneter Kennzahlen und Frühwarnindikatoren ermöglicht ein frühzeitiges Gegensteuern. Bei der Planung von Risikomaßnahmen wird durch den systematischen Ansatz die Unterscheidung technischer, organisatorischer und personenbezogener Maßnahmen gefördert, die insb. in ihrem Zusammenspiel eine große Wirkungen entfalten.
  • Schon mit einfachen Mitteln lässt sich ein funktionierendes Projektrisikomanagement aufsetzen und es ist auch nicht wichtig, eine bestimmte Vorgehensweise akribisch zu verfolgen, sondern sich geeignet mit den Projektrisiken auseinanderzusetzen.
  • Als wertvoll erweist sich schließlich die Lernkurve durch die Übertragbarkeit von Erkenntnissen und Ergebnissen aus alten Projekten bzw. auch auf neue Projekte.

Contra Projektrisikomanagement

Den zahlreichen Vorteilen stehen allerdings auch Nachteile gegenüber.

  • Zu viel Aufwand für zu wenig Nutzen ist ein häufig gebrauchtes Argument gegen Projektrisikomanagement. Neben dem Aufwand für den Aufbau und die Pflege des Risikokatasters, die Durchführung von Risikoworkshops usw. sind auch der Zeitbedarf und die zusätzlichen Projektkosten zu nennen.
  • EIne hohe Methoden- und Moderationskompetenz sind erforderlich, z. B. bei der Durchführung der Risikoworkshops. Häufig ist auch die Verfügbarkeit der benötigten Experten für die Risikobewertung ein knappes Gut.
  • Schließlich ist der Nutzen begrenzt, denn auch Projektrisikomanagement bietet keinen Schutz vor „Überraschungen“.

Synthese

Für welche Projekte ist ein systematisches Risikomanagement empfehlenswert? Die dargestellten Vor- und Nachteile sind sicherlich unbestritten. Aber ein Schlüssel für diese Frage ergibt sich aus der Größenordnung des Projekts und aus seiner strategischen Bedeutung.

Nutzen und Vorteile aus der Anwendung von Projektrisikomanagement

Was bei einem vergleichsweise kleinen Projekt als unnötiger Ballast erscheint, wird in einem Großprojekt als notwendiger Bestandteil betrachtet. Typische Projekte, bei denen sich ein gutes Projektrisikomanagement in kurzer Zeit bezahlt macht, sind z. B. ressourcen-intensive “Langläufer”.

Konsequenzen für das Tagesgeschäft

Bei einer Vielzahl kleinerer Projekte wird man vermutlich ohne Projektrisikomanagement auskommen. Der Aufwand übersteigt den Nutzen, wenn selbst die größten zu erwartenden Risiken keine großen Konsequenzen nach sich ziehen. Genauso deutlich ist wegen der gewünschten Planungs- und Entscheidungssicherheit bei größeren Projekten die Forderung nach einem soliden Risikomanagement.

Wo die Schwelle zu “größeren Projekten” liegt, lässt sich nicht eindeutig festlegen. Gut beraten ist eine Projektleitung allerdings, bei Projekten mit längeren Laufzeiten, mit vielen involvierten Organisationseinheiten oder hohen Projektkosten nicht auf ein systematisches Projektrisikomanagement zu verzichten. Bei allen Investitionsmaßnahmen und bei Veränderungsprojekten ist es ein Muss.

 

Was halten Sie von Projektrisikomanagement? Ist es für Sie Zeitverschwendung oder eher ein Garantieschein?

Der nächste Beitrag in der Reihe “Methoden sind Türen zum Erfolg” handelt von den vier Risikostrategien.