Konzentration auf Fehler – Das erste Prinzip einer HRO

Konzentration auf Fehler – Das erste Prinzip einer HRO

Die Abkürzung HRO steht für Hochzuverlässigkeitsorganisation (High Reliability Organisation) und was wir von einer HRO – genauer gesagt von den fünf Prinzipien einer HRO – lernen können, habe ich bereits in einem Beitrag zusammengefasst.

Was wir von einer HRO lernen können

Zu den fünf Prinzipien einer HRO gehören Streben nach Flexibilität, Sensibilität für betriebliche Abläufe, Abneigung gegen vereinfachende Interpretationen, Konzentration auf Fehler und Respekt vor fachlichem Wissen und Können. In diesem Beitrag geht es ganz speziell um ein erstes Prinzip einer HRO, um die Konzentration auf Fehler.

Die Prinzipien einer HRO

Konzentration auf Fehler

Fehler macht niemand absichtlich, sondern sie passieren einfach. Deshalb sollten auch nicht Schuldige gesucht, sondern die Ursachen für Fehler aufgespürt werden. In Unternehmen findet dieser notwendige Schritt allerdings nicht automatisch statt. Die Fehlerkultur in Unternehmen ist eher davon geprägt, Fehler zu verschweigen, zu vertuschen oder den Schwarzen Peter anderen zuzuschieben. So geht Zeit verloren, um die eigentlichen Probleme zu identifizieren und Fehlerketten gar nicht erst entstehen zu lassen.

Wie lässt sich dieses Prinzip einer HRO realisieren?

Sicherlich gibt es eine ganze Reihe von Einflussfaktoren, die unseren Umgang mit Fehlern beeinflussen und an denen wir ansetzen können. Noch wichtiger sind für mich jedoch zwei zentrale Voraussetzungen. Zum einen ist ein umfassendes Verständnis von Fehlern und den daraus resultieren Möglichkeiten erforderlich und zum anderen muss für nachhaltige Verbesserungen die aufrichtige Bereitschaft gegeben sein, tatsächlich etwas aus Fehlern “herausholen” zu wollen. Was helfen gute Vorsätze und bewährte Konzepte, wenn sie nicht auf den geeigneten Nährboden treffen. Denn dieser Nährboden besteht aus mehr als nur singulären Aktionen und reicht tief in die Fehlerkultur eines Unternehmens hinein.

“Man muss Fehler und die damit verbundenen Chancen für eine Weiterentwicklung nicht nur richtig begreifen, sondern Fehler auch tatsächlich zum Gegenstand von Verbesserungen machen.”

Welche Faktoren beeinflussen den Umgang mit Fehlern?

Ob die vorhandene Fehlerkultur belastbar ist oder nicht, kann man mit einfachen Fragen und wenigen Diskussionen im Unternehmen schnell herausfinden. Es gibt andererseits keinen falschen Zeitpunkt, um mit einer positiven Entwicklung der Fehlerkultur zu beginnen und zu spät ist es dafür sowieso nie. Stehen die Vorzeichen gut, dann helfen eine ganze Reihe guter Praktiken, aus einer fruchtbaren Auseinandersetzung mit Fehlern auch zu den gewünschten Effekten zu gelangen. Eine kleine Auswahl solcher Praktiken, die eine beträchtliche Wirkung erzielen können, finden Sie hier:

Fehler müssen frühzeitig und konsequent angesprochen werden.

So wird vermieden, dass sich Verursacher mit Selbstvorwürfen herumplagen und die Angst vor einer Bloßstellung den Arbeitstag zur Tortur werden lässt. Je länger es dauert, nach der Erkennung eines Fehlers in die konstruktive Behandlung der Konsequenzen und Probleme vergeht, desto größer kann der Schaden werden und desto aufwändiger ist die Lösung.

Ein gewisser Humor bzgl. eines Fehlers trägt zur Problemlösung bei.

Positiver Humor wie Witze oder Ironie erleichtern das Reden über Fehler. Natürlich sollte über einen schweren Fehler nicht herzhaft gelacht werden. Aber Humor nimmt Führungskräften und Mitarbeitern Hemmungen, über Fehler, erforderliche Korrekturmaßnahmen und mögliche Lerneffekte zu sprechen.

Vermeiden Sie “Rückschaufehler”. 

Wir haben die Angewohnheit, eigene Irrtümer und Fehlleistungen in unserer Erinnerung zu verzerren und zu beschönigen. Dadurch wird die Gefahr eine Fehlerwiederholung erhöht. Wenn Sie z. B. wichtige Projektentscheidungen mit Vor- und Nachteilen dokumentieren, können Sie in der Rückschau das Geschehene realistischer beurteilen.

Gehen Sie weiter, suchen Sie Fehler und analysieren Sie die Entstehung. 

Dieser Schritt geht über die Behandlung eines erkannten Fehlers hinaus und hat die gezielte Fehlersuche zum Gegenstand. Diese Suche und eine systematische Analyse der Ursachen offenbart aber auch spannende Optionen und kreative Verfahren zur Verbesserung der Systeme und Prozesse.

Führen Sie regelmäßig Lessons learned durch.

Nicht nur nach dem Abschluss eines Projektes, sondern auch im Tagesgeschäft ist es turnusmäßig sinnvoll, über aufgetretene Fehler und entwickelte Lösungen zu sprechen. Die Erkenntnis, dass Projekte und Prozesse aus einer Vielzahl kleiner und größerer Irrtümer bestehen, ist eine unverzichtbare Lektion. Sukzessive kann eine Organisation in der Folge eine positive Fehlerkultur etablieren, die sich direkt auswirkt auf wertvolle Qualitätsstandards, die allgemeine Produktivität, das Innovationspotenzial und die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens.

Fehler zum Lernen nutzen, um Systeme und Prozesse zu verbessern

Mit dem Prinzip “Konzentration auf Fehler” ist keine neue Weisheit formuliert. Auffallend ist, dass es bei einer HRO nicht nur um eine sich hoffentlich positiv entwickelnde Fehlerkultur im Unternehmen geht, sondern um das systematische Lernen aus Fehlern. Fehlschläge werden regelrecht gefeiert, um für Aufmerksamkeit zu sorgen und gezielt aus Rückschlägen zu lernen. 

“HRO-Anhänger werden in jedem Fall aus Schaden klug.”

Durch eine umfassende Konzentration auf Fehler können Abweichungen vom Normalzustand schon frühzeitig aufgegriffen werden, bevor sie zu Problemen werden.

Ohne an der grundlegenden Fehlerkultur zu arbeiten, werden sich jedoch keine nachhaltigen Verbesserungen einstellen und die beschriebenen Praktiken können sich sogar kontraproduktiv auswirken. Das habe ich vielleicht nicht so deutlich gesagt, aber auch nicht verschwiegen. Unbestritten ist jedoch, dass das HRO-Prinzip “Konzentration auf Fehler” unschätzbare Impulse für die wirtschaftliche Entwicklung eines Unternehmens bietet.

Wie dieses Prinzip sich erfolgreich in Ihrer Situation einsetzen lässt, teile ich gerne mit Ihnen!


Der nächste Beitrag in der Reihe “Methoden sind Türen zum Erfolg” handelt vom zweiten Prinzip einer Hochzuverlässigkeitsorganiation, von der Abneigung gegen vereinfachende Interpretationen.