Die 8 Bausteine aus dem klassischen Projektmanagement

Die 8 Bausteine aus dem klassischen Projektmanagement

Totgesagte leben länger! Je mehr ich über den Erfolg agiler Methoden im Projektmanagement und ihre scheinbare Alternativlosigkeit für den Projekterfolg lese, desto mehr bin ich von einer großen Existenzberechtigung für das klassische Projektmanagement überzeugt.

Es gibt einfach zu viele Herausforderungen, die auf dem klassischen, auf einer soliden Planung basierenden Verfahren beruhen. Die folgende Abbildung zeigt wichtige Unterschiede bei klassischen vs. agilen Projekten im Überblick.

Klassisches vs. agiles Projektmanagement

Aus dieser Gegenüberstellung geht klar hervor, dass agile Methoden für viele Aufgabenstellungen nicht nur zweckmäßig, sondern geradezu notwendig sind, wenn z. B. die Anforderungen zu Beginn eher unscharf vorliegen oder über den Projektverlauf mit erheblichen Änderungen bei den Anforderungen zu rechnen ist.

Gleichzeitig wird klar, dass agile Ansätze kein Patentrezept sind, mit dem sich alle Aufgaben lösen lassen, z. B. große Vorhaben mit klaren Anforderungen und vielen Beteiligten. Für bestimmte Anforderungen ist das klassische Verfahren unübertroffen. Wie gut, dass im Kern nur acht einfache Bausteine erforderlich sind, für nicht einmal ein umfangreiches Lehrbuch-Studium erforderlich ist.

Wer die folgenden acht Bausteine kennt und geschickt anzuwenden versteht, kann jede Aufgabenstellung des klassischen Projektmanagements bewältigen.

Die Bausteine des klassischen Projektmanagements

1. Projektauftrag

Der allererste Baustein ist der Projektauftrag. Ein Projektauftrag ist analog zu einem Kauf- oder einem Werkvertrag nichts anderes als eine vertragliche Einigung zwischen einem Projekt-Auftraggeber und einem Projekt-Auftragnehmer über die Erbringung einer Projektleistung.

Abweichend finden sich jedoch wegen der besonderen organisatorischen Zusammenhänge häufig weder die nötige Schriftform noch eine Konkretisierung des Projektgegenstandes. In diesen Fällen liegt es in der Verantwortung des Projektleiters, für eine entsprechende Klärung zu sorgen.

Selbst wenn es einen Projektauftrag gibt, liegt er selten von Anfang an vor. Häufig sind mündliche Details von Bedeutung und je früher ein aussagekräftiger Projektauftrag vorliegt, desto konsequenter kann das Projektteam auf das Projektziel hinarbeiten. Ein klarer Projektauftrag kommt also nicht nur dem Projektleiter und dem Projektteam, sondern auch dem Auftraggeber und anderen Stakeholdern zugute.

Sollte der Projektauftrag im Laufe der Projektumsetzung Fragen aufwerfen, ist der Projektleiter ebenfalls gut beraten, beim Auftraggeber möglichst schnell auch eine Klärung herbeizuführen. Dies trifft insbesondere auf geänderte Rahmenbedingungen zu.

2. Projektdefinition

Der nächste Baustein – die Projektdefinition – wird meistens unterschätzt und in vielen Standards zum Projektmanagement findet sie trotz großer Relevanz überhaupt keine Erwähnung. Die Projektdefinition übersetzt die Außensicht des Projektauftrags in eine Innensicht für die Umsetzung durch das Projektteam. Es sind dazu drei Fragen zu beantworten:

  1. Warum wird das Projekt durchgeführt? (Zweck)
  2. Welches Ergebnis soll herauskommen? (Ziel)
  3. Wie soll das Projektende aussehen? (Szenario)

Obwohl die Beantwortung dieser Fragen ganz schnell geschehen kann und prinzipiell auch recht einfach ist, stellt diese Aufgabe für das Projektteam nicht selten eine erste Bewährungsprobe hinsichtlich erforderlicher Abstimmungen dar. Denn war klar zu sein scheint ist lässt nicht für das gesamte Projektteam klar und unterschiedliche Auffassungen zum Vorgehen sind doch eher natürlich. Diese Unterschiede gilt es aufzuspüren und in Einklang zu bringen.

Eine Projektdefinition lässt sich im Team binnen weniger Minuten z. B. an einem Flipchart entwerfen und funktioniert auch prima im Stehen und bei einer Tasse Kaffee. Am besten ist es, wenn das Projektteam dies unmittelbar nach Vorliegen des Projektauftrags macht. Dann sind direkt zu Beginn des Projekts Klarheit und hoffentlich auch Konsens im Projektteam gegeben. Eine Kurzdarstellung findet sich hier.

3. Projektorganisation
Die Projektorganisation beinhaltet die Struktur, Gestaltung, Regeln und Hilfsmittel für die Durchführung von Projekten. Sie gilt nur für die Dauer des Projekts und ist keine dauerhafte Organisationseinheit im Unternehmen.
Das Zusammenwirken der beteiligten Verantwortlichen wird über Rollen beschrieben, denen Aufgaben und Verantwortlichkeiten zugeordnet sind. Wichtige Rollen sind

  • der Auftraggeber
  • der Lenkungskreis oder die Steuerungsgruppe
  • der Projektleiter
  • die Teilprojektleiter (soweit vorhanden)
  • die Mitglieder des Projektteams und
  • die Arbeitspaketverantwortlichen.

In der Regel finden sich im Unternehmen verschiedene Vorlagen mit bewährten Regelungen zu den Aufgaben und Verantwortungen in den einzelnen Rollen. Die benutzen Namen und Bezeichnung variieren je nach dem jeweiligen Umfeld.

4. Stakeholder im Projekt

Stakeholder – oder auch Interessengruppen – sind Einzelpersonen oder auch Gruppen mit besonderem Interesse an dem Projekt, die es zu berücksichtigen und geeignet zu informieren gilt. Die Schritte für ein gutes Stakeholder Management lauten:

  1. Identifikation aller wesentlichen Interessengruppen
  2. Einstufung in das Tableau bzgl. Einfluss und Interesse
  3. Differenzierte Behandlung gemäß Einstufung

Stakeholder im Projekt

Die Form des Kontakts mit einem Stakeholder ist weniger wichtig als ein konsequentes Vorgehen über die gesamte Projektlaufzeit. Allein über diesen Baustein lassen sich umfangreiche Abhandlungen verfassen, was an späterer Stelle geschehen wird. Das Wichtigste auf den Punkt gebracht findet sich hier.

5. Projektstrukturplan

Der Projektstrukturplan ist der erste von drei Plänen, die charakteristisch für das klassische Projektmanagement sind. Die Projektstruktur gibt an, wie die Gliederung der Inhalte und Aufgaben aussieht. Grundsätzlich lassen sich dabei nach ihrem Aufbau funktions-, ergebnis- und zeit- orientierte Projektstrukturpläne unterscheiden. Je nach Gliederungsprinzip berücksichtigen die einzelnen Teilprojekte die Beiträge der jeweiligen Unternehmensfunktionen, haben die Ergebnisse des Projekts zum Gegenstand oder stellen einen zeitlichen Ablauf dar.

Die grafische Darstellung eines Projektstrukturplans ähnelt aus naheliegenden Gründen einem Organigramm. Bei allen Gliederungsformen finden sich auf der untersten Ebene stets die Arbeitspakete (vgl. Baustein 8). Möglichst klar und nicht zu detailliert zu gliedern, lautet eine Faustformel. Gleichzeitig gilt es, auf eine ausgewogene Gliederung zu achten, die Teilprojekte ungefähr gleicher Gewichtung und Größe.

6. Projektphasenplan

Der Projektphasenplan liefert eine zeitliche Abfolge der Projektarbeit in einzelnen Phasen. Zäsuren zwischen den Phasen stellen im Vorfeld definierte Meilensteine dar, an denen bestimmte Arbeiten erbracht sind und spezifizierte Ergebnisse bereitgestellt werden. Zu den mit einem Projektphasenplan verbundenen Anforderungen gehören

  • eine realistische Terminplanung für alle anstehenden Arbeiten,
  • die Darstellung des zeitlichen Projektablaufs über den gesamten Lebenszyklus und
  • die Kommunikation des aktuellen Projektfortschritts

Typische Realisierungen eines Projektphasenplans sind z. B.

  • ein Meilensteinplan,
  • ein Balkenplan,
  • eine einfache Terminliste oder
  • ein Netzplan.

Der Projektphasenplan auf einer Seite dargestellt und mit einem aktuellen „Zeit-Stempel“ versehen ist ein wirksames Reporting-Instrument über alle Phasen des Projekts.

7. Projektressourcenplan

Die Ressourcenplanung beschäftigt sich mit der Fragestellung, welche Art von Ressourcen zu den verschiedenen Zeitpunkten im Projekt benötigt werden. Zu berücksichtigende Ressourcen sind z. B. Eigen- und Fremdpersonal, Maschinen und Anlagen, Materialien und Räume.

Ergebnis der Ressourcenplanung ist eine Übersicht über den Ressourcenbedarf pro Arbeitspaket und über das gesamte Projekt. Eine tabellarische Struktur der benötigten Ressourcen ist eine solide Basis. Projektstruktur- und Projektphasenplan fungieren als wesentliche Eingangsgrößen. Die mit einem Ressourcenplan verfolgten Ziele sind demnach

  • die Identifikation des Personal- und Ressourcenbedarfs,
  • die Sicherstellung der Verfügbarkeit der Ressourcen im Hinblick auf den Terminplan,
  • die Identifikation möglicher Engpässe und Vorbereitung evtl. Korrektur- und Vorbeugungsmaßnahmen sowie
  • die Schaffung einer Grundlage für das Kostencontrolling

Während die Fragen nach der Art der Ressource leicht zu beantworten ist, muss die Verfügbarkeit der Ressource genau abgestimmt werden. Bei Ressourcenkonflikten sind gemeinsame Lösungen und Abmachungen zwischen konkurrierenden Stellen nötig.

8. Arbeitspakete

Bei dem achten Baustein geht es schlicht um die Festlegung der einzelnen Arbeitsschritte zum Erreichen der Projektziele, die sowohl im Projektstrukturplan als auch im Projektphasenplan auftauchen und Ressourcen verbrauchen.

Ein Arbeitspaket ist ein plan- und kontrollierbares Element in einem Projekt, das nicht weiter untergliedert wird. Arbeitspakete beinhalten Ergebnisziele und beschreiben Leistungen und Lieferungen, die unter vorgegebenen Bedingungen zu erreichen bzw. zu erbringen sind. Eine Arbeitspaketbeschreibung ist ein Dokument, das alle Informationen, Inhalte und Bedingungen des Arbeitspaketes beschreibt und i. d. R. in tabellarischer Form erstellt wird.

Eine Zauberformel für die Formulierung von Arbeitspaketen lautet „Wer macht was bis wann?“ Einfache Dokumentationen in Listen- oder Tabellenform ermöglichen eine gute Visualisierung für das ganze Projektteam und lassen sich auch gut pflegen. Kritische Erfolgsfaktoren sind Eigenverantwortung der Arbeitspaket-Verantwortlichen, ein Projektleiter mit Überblick und ein funktionierendes System zur Nachverfolgung der offenen Aufgaben.

Zusammenfassung & Ausblick

Es sind genau die hier behandelten acht Bausteine, die das klassische Projektmanagement ausmachen und trotz des Hypes um agiles Projektmanagement sowie um moderne Formen der Arbeit kommt kein Projektmanager am klassischen Projektmanagement vorbei. Denn für eine Vielzahl von Aufgaben ist das klassische Verfahren immer noch das Nonplusultra.

Agile Techniken und Methoden sind unbestritten wertvoll, aber die Liebe dieses Beitrags gilt allein dem klassischen Projektmanagement.

Planen Sie doch auch mal wieder ein Projekt ohne schlechtes Gewissen und absolut überzeugt nach dem klassischen Vorgehen.

Der nächste Beitrag in der Reihe “Methoden sind Türen zum Erfolg” handelt von der ABC-Analyse.