Wertschätzung bezeichnet die positive Bewertung eines anderen Menschen. Sie ist verbunden mit Respekt, Wohlwollen und Anerkennung. Eine Führungskraft verhält sich wertschätzend, indem Sie an Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern interessiert ist, aufmerksam und freundlich. In diesem Beitrag geht es um Wertschätzung im Beruf, um alltägliche Führungssituationen eines Geschäftsführers, einer Abteilungsleiterin, eines Büroleiters oder einer Team- bzw. Projektleiterin. Studien zeigen immer wieder, dass Wertschätzung positiv auf das Commitment und die Motivation der involvierten Personen wirkt. Wertschätzung ist also wichtig und vielleicht sogar essenziell, aber sollte man deshalb eine Auseinandersetzung vermeiden, nur weil man immer als wertschätzend gelten will? Steht eine Auseinandersetzung gar im Widerspruch zu Wertschätzung?
Wegen Wertschätzung auf eine Auseinandersetzung verzichten?
Wertschätzung ist überall gewünscht, aber eine Auseinandersetzung im Team oder in der Abteilung steht dazu auf den ersten Blick im Widerspruch. Wertschätzung ist unabhängig von den Handlungen oder Haltungen einer Person, obwohl diese sehr wohl die subjektive Einschätzung dieser Person und damit auch die Wertschätzung beeinflussen können. Vielleicht sollte man daher besser auf Auseinandersetzungen verzichten. Denn schließlich gilt es, stets wertschätzend zu sein. Aber Wertschätzung ist kein Kuschelfaktor, sondern eine notwendige Grundlage. Die Beschäftigten und Teammitglieder müssen spüren, dass es ernst gemeint und für Vorgesetzte keine lästige Pflichtübung ist. Nur unter solchen Bedingungen gelingt wahrgenommene Wertschätzung bzw. wird Wertschätzung als echt empfunden.
Unter einer Auseinandersetzung muss nicht sofort ein mit Gewalt ausgetragener Konflikt verstanden werden. Es geht um ein kontrovers geführtes Gespräch bzw. einen mit Worten ausgetragenen Streit. Deshalb spricht man auch von einer verbalen Auseinandersetzung. Diese Auseinandersetzungen sind wichtig, denn nicht selten kommen auf diese Art und Weise bestimmte Dinge zur Sprache, die für die jeweilige Situation von großer Bedeutung sind. Manchmal kommen die entscheidenden Argumente erst in einer knallharten Auseinandersetzung zutage oder den Beteiligten wird erst unter solch drastischen Umständen die tatsächliche Bedeutung des Sachverhalts bewusst.
Doch damit eine solche Situation nicht in der Katastrophe endet, sind ein paar Regeln zu beachten und man darf sich vor allem nicht gehen lassen. Aus einer ernsten Situation etwas Positives herauszuziehen, braucht man z. B. Kenntnisse im Umgang mit unterschiedlichen Interessen, praktische Erfahrungen für adäquates, eigenes Verhalten und viel Selbstreflexion. Dann ist auch ein kontrovers geführtes Gespräch oder ein mit deutlichen Worten ausgetragener Streit möglich, ohne sich dem Vorwurf auszusetzen, nicht wertschätzend zu sein. Mit diesen Prämissen kann sich Wertschätzung also auch in einer knallharten Auseinandersetzung zeigen.
Auseinandersetzungen sind wichtig
Leicht kann der Eindruck entstehen, dass es sich um mangelndes Einfühlungsvermögen in andere Personen oder um gestörtes Selbstwertgefühl handelt, wodurch Streitsituationen geradezu provoziert werden. Aber das ist nicht gemeint. Es geht darum, bestimmten Situationen nicht von vornherein aus dem Weg zu gehen, sondern allen Beteiligten wertschätzend zu begegnen – auch in einer Auseinandersetzung.
Im Zusammenhang mit fachlichem Wissen und Können ist Wertschätzung ein unermessliches Mittel, um wichtige Fakten und relevante Beobachtungen überhaupt erst zu erfahren. Diese Wertschätzung ermöglicht es auch in einer Auseinandersetzung, z. B. bei einer Kollegin gezielt nachzufragen oder einen Kollegen über einen besonderen Umstand zu informieren.
Wertschätzende Kommunikation an einem imaginären runden Tisch
Dreh- und Angelpunkt eines wertschätzenden Verhaltens ist eine entsprechende Kommunikation und gibt es dazu eine Reihe von Techniken. Denn wertschätzend sollte die Kommunikation auf jeden Fall sein. Mir gefällt allerdings das Bild, alle Beteiligten durch wertschätzende Kommunikation an einem imaginären runden Tisch zu halten, um einen klärenden Austausch mit Erkenntnisgewinn bis zu einer Lösungsfindung möglich zu machen.
Man sollte nicht auf eine „ordentliche“ Auseinandersetzung verzichten, nur weil man als wertschätzend gelten will. Die Kehrseite der Medaille ist, dass vielen Führungskräften und High Potentials solches Geschick nicht in den Schoß fällt. Auch ist der Erfolg keineswegs garantiert. Doch die Anstrengung lohnt sich. Denn wenn die persönliche Bereitschaft vorhanden ist, lassen sich auch passende Bausteine für die persönliche Weiterentwicklung finden, um diese Fertigkeiten gezielt aufzubauen, wie z. B. im Online-Training zur Projekt-Diplomatie.
Wertschätzung kann durchaus in einer knallharten Auseinandersetzung liegen, und wenn man sich in einer solchen Situation „ordentlich“ verhält, gilt man auch weiterhin als wertschätzend und kann viel erreichen – ein wichtiges Handlungsfeld für Führungskräfte. Erforderlich sind etwas Theorie, etwas mehr Übung und viel Selbstreflexion. Nicht trivial, aber es lohnt sich.
Nur keine falsche Zurückhaltung bei Auseinandersetzungen!