Heute beschäftigt mich ein Thema, das in Führungskreisen kontrovers diskutiert wird: Wie viel Zustimmung seitens der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist bei einer Entscheidung des Vorgesetzten „richtig“ oder erforderlich, damit sie auch tatsächlich umgesetzt wird? Was bei zwischenmenschlichen Beziehungen offensichtlich erscheint, könnte auch allgemein im Job für Zustimmung gelten: Consent is sexy – oder doch nicht? Verfechter autoritärer Strukturen sagen, dass die Zustimmung überhaupt keine Rolle spiele. Manche Vertreter von New Work sagen, dass Zustimmung alles sei.
Consent bedeutet Einverständnis, Einwilligung oder Zustimmung. Im Rahmen von Sexualität und Romantik meint der Begriff vor allem das Nachfragen bei der anderen Person, was diese mag und will, ob man z. B. gerade geküsst werden möchte. Vielen ist das Reden vorm oder beim Sex fremd. Dabei kann es alles verändern. Der unreflektierte Gebrauch des Satzes “Einverständnis ist sexy” wird allerdings als ein gefährlicher Fehler angesehen. Denn Sex ohne Zustimmung ist kein Sex, sondern Vergewaltigung. Dieser Gedanke macht mich traurig und ich möchte ihn gar nicht weiter verfolgen, sondern ich möchte bei dem Konzept „Consent is sexy“ bleiben. Es versucht, Bewusstsein zu schaffen, Grenzen auszuloten und Missverständnisse zu vermeiden.
Was bei zwischenmenschlichen Beziehungen offensichtlich erscheint, könnte auch für den Job gelten und eine geeignete Führungsphilosophie darstellen. Wohlgemerkt, es geht nicht um Sex im Job, sondern um Einverständnis oder Zustimmung bzgl. getroffener Entscheidungen oder beschlossener Maßnahmen. Beispiele für die Bedeutung von Zustimmung im Verantwortungsbereich von Geschäftsführern, Abteilungsleitern oder Projektmanagern gibt es zur Genüge.
Wie viel Zustimmung ist nötig für eine gute Entscheidung?
Aus meiner eigenen Berufserfahrung weiß ich, wie unterschiedlich diese Frage unter Führungskräften aller Hierarchieebenen beantwortet wird. Ich möchte deshalb weder Regeln aufstellen, noch eine spezielle Meinung in den Vordergrund stellen. Dafür ist das Thema einfach zu komplex und es ist in jedem Fall eine Einzelfallbetrachtung erforderlich. – Mein Anliegen ist, für mehr Bewusstsein und Klarheit einzutreten. Vielleicht helfen die folgenden Fragen. Wie lauten Ihre Antworten?
- Sollte die Zustimmung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für eine Führungskraft bei der Vorbereitung einer Entscheidung relevant sein? [ja/ nein/ kommt darauf an]
- Ist es sinnvoll, vor einer Entscheidung ein Meinungsbild einzuholen und auf den Grad der Zustimmung einzuwirken? [ja/ nein/ kommt darauf an]
- Kann man im Nachgang einer Entscheidung noch aktiv auf den Grad der Zustimmung einwirken? [ja/ nein/ kommt darauf an]
Was die obigen Fragen betrifft, gehöre ich zur Kategorie „ja/ ja/ ja“. Ich bin der Meinung, dass die Zustimmung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für eine Führungskraft eine relevante Entscheidungsgröße ist. Für die Vorbereitung einer Entscheidung ist es m. E. nicht nur sinnvoll, sondern auch notwendig, ein Meinungsbild einzuholen und durch geeignete Maßnahmen für Zustimmung zu werben. Je größer die Zustimmung ist, desto größer sind auch die Erfolgsaussichten für eine „gute“ Entscheidung. Die gute Nachricht ist weiterhin, dass man auch noch nach einer Entscheidung auf die Zustimmung einwirken kann, nur sollte dies möglichst zeitnah geschehen.
Letztendlich geht es gar nicht so sehr um die Zustimmung für eine Entscheidung, sondern um die Rückmeldung. Es handelt sich dabei um einen glasklaren Vorzug diplomatischen Vorgehens, der darin besteht, sich schlicht ein größeres Spektrum von Handlungsalternativen zu verschaffen und daraus resultieren in der Regel „bessere“ Entscheidungen.
Wie viel Zustimmung für eine gute Entscheidung für Sie persönlich nötig ist, wissen Sie selbst oder Sie können es herausfinden. Eines kann Ihnen dabei auf jeden Fall helfen:
Reden kann alles verändern.