„Stakeholder-Management? Diplomatie? Okay, kenne ich, nächstes Thema!“ – Wenn Sie so denken, dann sollten Sie erst recht innehalten und sich von diesem Thema inspirieren lassen. Es geht nämlich darum, was man beim Stakeholder-Management in Projekten von der Diplomatie lernen kann. Dahinter steckt nicht etwa der Wunsch, besonders elegant zu agieren, sondern vielmehr das Kalkül, mit diplomatischem Geschick bessere Ergebnisse zu erzielen.
Stakeholder-Management umfasst die Identifikation, Analyse und Kommunikation mit allen beteiligten Stakeholdern. Ziel ist, mögliche Probleme in Form von Widerständen bei den Stakeholdern oder Interessenkonflikten frühzeitig zu erkennen und vorbeugende Maßnahmen zu treffen. Darüber hinaus ist die Einbeziehung der Stakeholder ein zentraler Erfolgsfaktor in jedem Projekt.
„Konstruktive“ Stakeholder sind nicht das Thema.
Mit Stakeholdern klarzukommen, die dem Projekt sowieso gut gesonnen sind, ist trivial. Aber wie sieht es mit „schwierigen“ Stakeholdern aus? Was man unter einem schwierigen Stakeholder zu verstehen hat, ist vermutlich jeder Leserin und jedem Leser ziemlich klar. Man kann davon ausgehen, dass in jedem Projekt höchst unterschiedliche Interessen existieren, die fast zwangsläufig zu Reibungspunkten führen.
Die Hintergründe können allerdings ganz unterschiedlich sein. Eigentlich sind auch gar nicht die Stakeholder schwierig, sondern wir empfinden den Umgang mit bestimmten Einzelpersonen oder Personengruppen als schwierig. Leider führt genau dieser Umstand zu einer suboptimalen Einbindung von Personen in das Projektgeschehen, die möglicherweise von großer Bedeutung dafür sind. Daraus resultieren nicht selten deutlich schlechtere Projektergebnisse.
Es gibt also Gründe genug, sich auch – oder gerade – um „schwierige“ Stakeholder zu kümmern. Aber wie? Soll man in den sauren Apfel beißen und sich Hals über Kopf in unangenehme Situationen stürzen, wenn man den Ausgang ohnehin erahnen kann? Soll eine Projektmanagerin mit ihrem Projektauftrag auch direkt „die ganze Welt“ verbessern? Muss ein zeitgemäßer Projektleiter ein devote Haltung mitbringen? Nein, nein und noch mal nein!
Die Aufgabe wird vollkommen falsch eingeschätzt.
Bei der Beantwortung der Frage, wie diplomatisch angehauchtes Stakeholder-Management gelingen kann, sollte man unbedingt methodische und persönliche Aspekte berücksichtigen. Eine erfolgversprechende Antwort umfasst eine genaue Planung von Kontakten zu wichtigen Interessengruppen mit einer entsprechenden Vorbereitung. Evtl. ist auch eine passende Zusatzausbildung von Nutzen.
Es gibt zahlreiche Verbesserungspotenziale. Die Gründe liegen sowohl bei Wissenslücken, und methodischen Defiziten, vor allem aber bei einer vollkommenen Fehleinschätzung der eigentlichen Aufgabe. Die ersten beiden Gründe lassen sich vergleichsweise einfach klären, aber dadurch klingt noch längst kein erfolgreicher Umgang mit schwierigen Stakeholdern. Stakeholder sind wichtig für den Projekterfolg. Das wissen wir schon längst, es gibt genug Literatur und auch in Trainings wird das Thema intensiv behandelt. Was soll man dann noch lernen, und dann auch noch von der Diplomatie?
Es geht um die Vergrößerung des Handlungsspielraums.
In meinen Projekten und speziell beim Coaching von Führungskräften stoße ich regelmäßig auf unscharfe Befürchtungen und ungeprüfte Annahmen. Diese führen dazu, dass die verantwortlichen Personen einem wichtigen Kontakt mit bestimmten Stakeholdern ausweichen. Um daran etwas zu ändern, ist eine Aufarbeitung im Einzelfall erforderlich. Sachthemen treten dabei hinter die Beziehungsebene zurück, weil die Probleme in den seltensten Fällen auf der Sachebene liegen. Und so ist es auch nicht verwunderlich, dass eine Aufarbeitung der Situation auf der Beziehungsebene zu einer Verständigung mit Stakeholdern und zu ungeahnten Chancen führen kann.
Jede Projektleiterin bzw. jeder Projektleiter vergrößert den eigenen Handlungsspielraum und den des Projektteams, wenn es gelingt, eine Arbeitsbeziehung auch zu kritischen, „schwierigen“ Stakeholdern herzustellen.
Ich bin der festen Überzeugung, dass ein solches Verständnis von Stakeholder-Management ein fester Bestandteil jeder weiterführenden Ausbildung im Bereich Projektmanagement sein sollte und dass wir grundsätzlich viel diplomatischer vorgehen sollten.
Beim Stakeholder-Management kann jede Führungskraft von der Diplomatie lernen. Das ist für mich unbestritten. Die Frage, wie man sich die persönlichen Chancen am besten verdeutlichen und in das eigene Tagesgeschäft einbauen kann, ist nur individuell zu beantworten.
Finden Sie einen persönlichen Zugang zu diesem wichtigen Thema!